Mrs. O'C. lebte in einem Altersheim in New York. Eines Nachts im Januar 1979
trä„umte sie lebhaft von ihrer Kindheit in Irland, vor allem von den Liedern, die
man damals sang und zu denen man tanzte. Als sie aufwachte, war die Musik immer
noch klar und deutlich zu hö”ren.
Aufgeregt und verwirrt stand sie auf.
Es war mitten in der Nacht. Irgend jemand mußte das RADIO angelassen haben. Sie überprüfte jedes Radio, das sie finden
konnte, aber alle waren abgestellt. Dann kam ihr ein anderer Gedanke: Sie hatte gehö”rt, daß Zahnfüllungen machmal wie ein Empf„änger funktionieren
und Radiowellen mit ungewö”hnlicher Intensitä„t auffangen k”önnen.
Das ist es, dachte sie. Eine meiner Füllungen spielt das Radioprogramm.
In diesem Augenblick kam Mrs. O'C. ein anderer Gedanke:
Welcher SENDER, fragte sie sich, würde mitten in der Nacht irische Lieder
in dieser Lautst„rke spielen? Lieder, nur Lieder, ohne Ansage, ohne Kommentar? Und
ausschließlich Lieder, die ich kenne. Welcher Sender würde wohl nur
meine Lieder spielen und sonst nichts? Dies war der Punkt, an dem sie sich fragte:
Ist das Radio vielleicht in meinem Kopf?
(Oliver Sacks, Neuropsychologe)