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...transformator

 

 

Hubert Matt,
TRANSFORMATOR

Rede zur Eröffnung der Installation „Transformator“ von Martin Walch, starsky und alien productions, Kunstraum Engländerbau, Vaduz, FL, 10. Juni 2008

DVD Cover

Der Text ist erstmals publiziert in der DVD-Dokumentation „Transformator“, 2009 von Harald Winkler (Hyperworks)

Einen schönen Abend hier in Vaduz. Ich bedanke mich zuerst für die Einladung durch die KünstlerInnen dieser Ausstellung. Es war eine für mich sehr überraschende aber um so erfreulichere Einladung, weil sie nicht aus dem ganz üblichen Bekanntenkreis und von denen gekommen ist, die man immer trifft.

Ich möchte Ihnen fünf Gedankenspiele erzählen: über das Setting, das Sie hier wahrnehmen – „sehen“ wäre vermutlich der falsche Begriff –, über eine Täuschung, der Sie möglicherweise erliegen, und einen Effekt – das ist fast so etwas wie ein Wow–Effekt. Sie können davon ausgehen, dass es das Falsche ist. Dann möchte ich etwas über den Ballast erzählen, und wenn wir schon gerade bei der visuellen Poesie waren: das Eigenartige ist, dass der Palast und der Ballast eigentlich ganz nahe beieinander liegen. Dann über ein Theorem A und ein Theorem B und dann noch etwas über den Balkon.

1. Das Setting.

Das Setting, das wir hier wahrnehmen, ist ein Spielsetting das noch nicht gespielt ist. Wir alle sind sozusagen vor dem Spiel. Wir sind noch nicht im Spiel, wir sind auch noch nicht ZuschauerInnen eines Spieles, sondern wir sind vorläufig noch ZuschauerInnen eines Spieles, das uns erwartet, in dem wir alle MitspielerInnen sein werden und wo wir noch nicht wissen, was uns eigentlich erwartet.

Aber was wir wahrnehmen ist ein Setting. Wir haben es mit einem skulpturalen Objekt zu tun. Wir nehmen vielleicht wahr, dass das ein Spielfeld sein könnte, wir nehmen dort Linien wahr, das könnten Linien unterschiedlicher Spiele sein, wir kennen dieses Objekt irgendwie und wir versuchen es von dort her zu verstehen. Wir nehmen Projektoren wahr, Diaprojektoren, Videoprojektoren, wir nehmen vielleicht Lautsprecher wahr. Wir haben es also mit einem Feld zu tun und wir haben es mit Quellen von Wahrnehmungsirritationen oder Wahrnehmungseindrücken zu tun. Was wir nur bei genauerem Hinsehen und einem gewissen Vorwissen vielleicht wahrnehmen, ist, dass in diesem Spielfeld auch Sensoren da sind – das heißt Beobachter, die uns auf diesem Spielfeld beobachten werden, und die reagieren werden, die uns sozusagen als Daten an die Projektoren weitergeben. Und wir sehen da hinten Computer, das ist das schwarze Loch, das uns alle wahrscheinlich steuern wird oder das Spiel steuern wird. Wir haben es also mit einem klassischen Setting eines Spieles zu tun, wir könnten auch sagen, mit einem klassischen Setting einer Konzertaufführung, oder vielleicht einer Jam Session, die hier stattfinden könnte. Die KünstlerInnen stellen gleichsam ein großes Instrument zur Verfügung, wir sind die SpielerInnen, wir können damit irgendwie blödeln, wir können intelligente Spiele entwickeln, wir können einen Tanz entwickeln, was immer, wir können das Spiel zu einem Ende bringen oder in einen Anfang setzen.

Dieses Setting besteht aber nicht nur aus Objekten und Programmen – und hier wird es sehr kompliziert, weil die Programme im Hintergrund nicht nur so etwas wie das Hirn oder die Partitur sind, sie sind vielleicht auch der Verdauungsapparat der Patterns, der Muster, die von den KünstlerInnen geliefert werden. Hirn und Darm sind ja nicht nur windungsgleich sondern auch organgleich in einem gewissen Sinne, beide nehmen Eindrücke auf, verdauen sie und scheiden sie wieder aus (manchmal sind sogar die Ausscheidungen des Darms erträglicher als die aus manchen Hirnen), der Vergleich ist also nicht so von ungefähr. Wir wissen aber, dass die Programme selber wieder aus Ressourcen, Partikeln, Objekten und Rechenleistungen bestehen, das heißt wir haben es mit einem ungeheuer multiplen Spielfeld zu tun. Also auch diese verschiedenen Linien, die wir von Turnsälen ja gewohnt sind, worauf ein Handballspiel, ein Basketballspiel oder was immer stattfinden kann, und wir wissen ja, dass wir jetzt ein Spielfeld benützen, diese Spielfeldverdoppelung verdoppelt sich noch einmal. Insofern könnten wir auch von einem Spielfeldfakultativ sprechen; oder wir könnten überhaupt von einer Spielfakultät sprechen, die hier installiert wird.

Ich nehme bewusst den Begriff Fakultät, weil er uns an eine akademische Institution erinnert. Vielleicht ist es einfach eine Art Universität, die hier zur Verfügung gestellt wird und wo wir spielerisch etwas neues erfahren können. Aber das Setting besteht nicht nur aus Objekten, und deren Relationen, deren Programmierungen, deren Kriechströme und absichtliche Ströme, deren Ein– und Ausschaltungen, dieses Setting besteht auch aus Menschen. Die SpielerInnen sind hauptsächlich die Personen, die jetzt und in den nächsten Wochen hier in diesem Spielfeld sind und sich darauf einlassen, es sind aber auch die Künstlerinnen und Künstler. Und allein dieses Setting ist von der Ausstellungseinladung relativ schwer zu erschließen.

Da gibt es einen Martin Walch, was macht der hier, ja, er hat irgend was mit diesem Objekt zu tun. Da gibt es alien productions, das klingt so irgendwie nach Bolly– oder Hollywood oder nach Zombies, das sind Andrea Sodomka, Martin Breindl, Norbert Math und Daniel Lercher, die so etwas wie Künstler sind, gleichzeitig Produzenten, Techniker, Programmierer, die hier für die Programme primär zuständig sind, und starsky liefert primär die Patterns der Bilder und der Texte. Wir haben es also mit einer hochkomplexen Maschine zu tun, aber solche Maschinen sind wie die Körper auch eingeschriebene Programme und Texturen, und vielleicht geht es darum, mit diesen eingeschriebenen Partituren zu spielen, sie ins Spiel zu bringen, sie bewusst zu machen. Ich werde noch darauf zurückkommen, dass das Wissen um dieses Spiel dieses Spiel nicht verunmöglicht, sondern wesentlich notwendig ist. Wir haben es mit einem ständigen Auflösungsprozess zu tun: wir haben Ressourcen, Bilder, Töne, Texte, wir lösen diese gleichsam auf, wir konstituieren/destillieren sie sozusagen neu. Wenn man wollte, könnte man hier lange noch über das Medien– und Formproblem bei Luhmann nachdenken: Die Form löst sich ins Medium auf, das Medium generiert eine neue Form etc. Also wirklich eine Fakultät, eine Potenzierung der Spielfelder.

2. Die Täuschung und der Effekt.

Sie haben sich wahrscheinlich schon vor der Ausstellung gedacht und denken sich auch jetzt, dass Sie in einer ungewöhnlichen Ausstellung sind. Sie glauben wahrscheinlich alle, dass Sie es nicht mit einem normalen Bild zu tun haben oder mit einer normalen Skulptur. Und das ist eine große Täuschung. Was wir hier wahrnehmen oder in einem Museum, einer klassischen Malerei– oder Skulpturenausstellung, unterscheidet sich in Wahrheit nicht voneinander. Auch das klassische Bild oder die klassische Skulptur sind Spielfelder. Oder glauben Sie wirklich, dass Sie eine Skulptur jemals dreidimensional tatsächlich gesehen haben? Sie sehen meistens nur entweder die Vorderansicht, oder die Rückansicht. Es gibt viele komplexe Texte über die Fotografie von Skulptur, wir haben dieses Problem auch in der Wahrnehmung von dreidimensionalen Objekten, wir sehen sie nie gleichzeitig von hinten und vorne. Wir haben dazwischengeschaltet, hinter dieses Objekt der Wahrnehmung, diese Partikel, der Patterns, das, was wir Hirn nennen, also sozusagen unseren persönlichen Rechner, der diese Ansichten zu einem Objekt oder zu einer Aufführung eines Objektes realisiert.

Oder nehmen Sie das berühmte Seerosenbild von Monet her: haben Sie dann das Bild gesehen, wenn Sie ganz nahe sind und die Farbpartikel sehen, oder haben Sie dann das Bild gesehen, wenn Sie sich komischerweise vom Bild entfernen und Seerosen wahrnehmen? Insofern könnte man sagen, das hier ist ein zugefrorener Seerosenteich. Die Wachsschicht ist gleichsam brechendes Eis und das Interessante ist vielleicht die Verbindung zwischen Eis und Wachs – beides hat mit Kälte und Wärme zu tun. Beide sind gleichsam Objekte, die immer in ihrer Auflösung, in ihrer Zerbrechlichkeit wahrgenommen werden und die ihre eigentliche Substanz in der Auflösung ihrer selbst begreifen. Eine Kerze ist dann eine Kerze wenn sie dorthin unterwegs ist keine Kerze mehr zu sein, wenn sie Licht abgibt.

Beim Eislaufen muss das Eis leicht schmelzen, damit es wirklich glatt wird. Das heißt ein Eis ist dann eine Eisfläche wenn sie daran ist sich aufzulösen. Wir können sagen, alle Bilder und Objekte sind gleichsam Ereignisse. Wir haben aber den Eindruck, dass wir es mit Ereignissen, mit Performativität zu tun haben wenn wir gleichsam computergesteuerte, interaktive Kunst vor uns haben – ich muss ihnen leider sagen, es ist genau umgekehrt. Wir haben es bei analogen Objekten mit Ereignissen zu tun und die Schwierigkeit, die sich heute für KünstlerInnen stellt, ist jene: wie kann ich aus digitalen Daten Ereignisse produzieren, wie kann ich aus digitalen Daten und Bildern etwas in das Ereignis des Realen bringen, etwas Performatives herstellen, das den Zufall mit hat, das Risiko, das die Lust der Intensität hat und nicht die Diskretheit von Daten?

Vielleicht kann man das so machen, indem man die digitalen Daten Programmen unterwirft, indem man mitspielen lässt, indem man sozusagen Ereignisse produziert, aus ihnen soziale Maschinen dekodiert, aus diesen Daten, weil letztes sind Maschinen nichts anderes als in Materie übersetzte Institutionen, Patterns des Denkens und des Handelns, und wir alle als BesucherInnen, als MitspielerInnen kommen auch mit solchen Patterns. Es sind nicht nur die KünstlerInnen, die Bilder und Töne mitgebracht haben, auch wir haben Bilder und Töne mitgebracht, Vorstellungen sozusagen. Wir sind vielleicht deshalb genau auch gewappnet auf diesem Tanz der Bilder und Töne, auf diesem Eis, das wir inszenieren können, dafür muss es zumeist für das Eis bitter kalt sein und dazwischen sollten wir eine Pause machen weil sonst das Eis bricht.

3. Der Ballast.

Da sind wir bei diesen Patterns, die wir mitbringen. Ich selber hab mir vorher Gedanken gemacht: ja was werde ich denn sprechen bei dieser Ausstellung? Da recherchiert man ein bisschen, hat die Daten der KünstlerInnen, hat die Information, was sie so tun und macht sich seine Vorstellungen. Man hat irgendwie Kabel, Monitore, Medien, was immer im Kopf, und denkt sich: o je, da muss man noch was tun dabei, damit überhaupt etwas wahrnehmbar wird. Diese Vorstellungen werden dann über das Programm, das hier stattfindet, reflektiert. Man könnte insofern bei diesem Spielfeld auch von einem Reflektor reden. Und dann kommt der reale Eindruck. Ich kann aus diesem realen Eindruck nicht sprechen, weil ich ihn auch noch nicht habe, insofern gehöre ich natürlich mit zu diesem Spiel dazu, weil diese Rede mit zu dieser Ressource dieses Spieles dazu gehört. Und dann kommt eigentlich wieder diese Irrealisierung des Gesehenen, das heißt diese Auflösung eben in den Text über die Arbeit, die sozusagen wieder etwas anderes daraus macht, wieder von Settings, von Ressourcen, eigentlich von Programmen geleitet ist. Im Ankündigungstext der KünstlerInnen steht: „Der Urzustand ist erst wieder hergestellt, wenn die Besucher den Raum verlassen.“ Das heißt, hier gibt es einen Urzustand, den haben wir jetzt nicht, den können wir grundsätzlich nicht wahrnehmen. Wir sind immer außerhalb dieses Urzustandes einer Installation, eines Objektes. Das Objekt selber erschließt sich nicht unserer Wahrnehmung, sondern unsere Wahrnehmung ist ein Teil, eine Ergänzung dieses Objektes, aber sie ist nicht das Objekt selber. Wir können natürlich fragen, wenn jetzt Künstler Spiele initiieren oder anbieten, ist das so eine Art „Arttainment“, so wie Infotainment, ist das jetzt sozusagen alles unter dem Patent von Endemol, wir haben es ja unentwegt mit Spielen zu tun. Vielleicht müssten wir beginnen zu differenzieren zwischen unterschiedlichen Spielen. Dazu denke ich fordert diese Ausstellung ganz sicher heraus.

4. Zwei Theoreme

Ich möchte hier ganz kurz zwei Theoreme anbieten: Es gab in der Kunst, und das ist in diesem Vorfeld ein Pattern gewesen, wenn es um Kunst geht, die mit Medien, mit neuen Medien arbeitet (also nicht mehr wirklich sinnvolle Begriffe): bei Adorno gibt es die These, Kunst muss, um kritisch zu sein, sich der avanciertesten Technologie bedienen. Diese These ist still und heimlich gekippt worden, es wird kaum, eigentlich nie darauf reflektiert - etwa von Christina von Braun in ihrem Buch „Nicht ich“, wo sie sagt: die RevolutionärInnen der Zukunft sitzen in den Bibliotheken. Das heißt, Christina von Braun dreht den Spieß um und sagt, die RevolutionärInnen bedienen sich der vorgestrigen Medien. Für mich war das immer eine Frage des entweder – oder.

Das kann es wohl nicht sein, das ist ja auch kein Spiel eigentlich, diese Ausstellung ist selbst eine dialektische Aufhebung dieses Gegensatzes. Wir haben sehr avancierte Medien und wir haben Medien von vorgestern. Wir haben klassische Diaprojektoren, ihr Geräusch, ihr Klicken, wir haben den Analogfilm den wir irgendwie da spüren, wir haben Wachs als von der Enkaustik her ein ganz altes Bildmedium, und wir haben hier Computer und deren Programme stehen. Also, wenn es jemand gelingt die Theorien der KunsttheoretikerInnen aufzuheben, dann sind es die KünstlerInnen und das finde ich ist immer noch das Fantastische daran.

Das andere, was mir bei diesen Spielfeldern klar geworden ist, oder ein Gedanke der mir gekommen ist: Ich halte ja nichts davon, Kunstwerke zu interpretieren, sondern zu fragen: bringen sie mich ein bisschen weiter? Ob das dann gut oder schlecht ist, ist wieder was anderes, aber wenn wir auf so einem multiplen Spielfeld stehen, dann müssen wir uns für ein Spiel entscheiden. Wir können nicht gleichzeitig Handball, Federball, Basketball oder was immer spielen. Wir müssen uns für eine Linienkonfiguration entscheiden. Das heißt, das Spiel, seine Intensität, seine Komplexheit, seine Multiplizität kommt durch einen radikalen Entschluss zu einer Reduktion zustande, zu einem Ausschluss von anderen Möglichkeiten. Das heißt, Komplexheit oder auch die Freiheit des Spieles ist unabdingbar verbunden mit dem Moment der Notwendigkeit. Wir glauben allerdings immer noch, dass wir an diese Entscheidungen zu glauben haben, darin besteht der Fehler, dass wir glauben müssen, dass sie richtig sind. Ich behaupte, sie müssen absurd sein und wir müssen um diese Absurdheit dieser Entscheidungen wissen. Martin Walch hat im Vorgespräch davon gesprochen, dass ihm die Entscheidungen, die Überlegungen der Schritte in diesem Spielfeld sehr wichtig sind, hier würde sich der Kreis eigentlich wieder schließen.

Das heißt die Komplexheit des Spieles ist auch die Frage, ob dieses Wissen um die Komplexheit, das Wissen um das Spiel, die Interpretation des Spieles etwas ist, das dieses Spiel zerstört? Die Frage haben wir ja bei jeder Kunstausstellung, ist jetzt der da vorne, der über die Kunst spricht sozusagen der Zerstörer des Kunstwerkes? Es gibt zu dieser Frage bezüglich des Spieles ein sehr gutes Buch von Robert Pfaller, „Die Illusionen der anderen. Über das Lustprinzip in der Kultur“. Er sagt, ganz im Gegenteil, das Wissen um das Spiel, die Erkenntnis, dass wir spielen, das Eingestehen, dass wir spielen, die Wissenserweiterung des Spiels ist nicht die Zerstörung des Spieles. Im Gegenteil ist es die Voraussetzung des Spieles, und es ist die Möglichkeit, die Lust am Spiel zu steigern. Das Problem besteht dann, wenn wir das Spiel und das Leben miteinander verwechseln, wenn wir es nicht trennen vom anderen, wenn wir dieses Wissen verlieren. Insofern ist das Reden über die Kunst eine Voraussetzung der Lust an der Kunst, außer man verwechselt das Reden mit der Kunst selber. Wir brauchen, um der Magie des Spieles zu verfallen, die zweite oder dritte Beobachtung – nicht das Erläutern, aber das Besprechen, das Verbalisieren, das selbst aber wieder einen Schatten werfen kann; deshalb braucht es wieder etwas, nämlich ein Kunstwerk, das diesen Schatten torpediert und versucht zu erhellen.

5. Der Balkon

Die Frage, wenn wir hier ein Spiel spielen, ist ja eigentlich: wessen Spiel spielen wir? Wir spielen jedenfalls ein kollektives Spiel. Es gibt ein Buch von Pierre Lévy, einem der (würde ich sagen) letzten Euphoriker des Internets oder der Medienphilosophie, der von einer kollektiven Intelligenz oder kollektiven Vernunft spricht. Der von einem Tanz spricht, der ganz langsam in Bewegung kommt über dieses Netz der Medien, über diese NetworkerInnen. Ich habe gesagt: langsam. Normalerweise sind solche Dinge wie Internet oder Neue Medien besetzt mit Geschwindigkeit. Er konterkariert sozusagen, er sagt: Das ist endlich die Möglichkeit langsamer zu werden. Weil dieser rituelle gemeinsame Tanz langsam passieren muss.

Und dann hab ich mir gedacht, wie wäre das eigentlich, einen Porsche zu kaufen und ihn in der Garage stehen zu lassen. Jetzt bin ich aber an einem anderen Spielfeld gelandet, das heißt, ich hab jetzt den Betonporsche von Gottfried Bechtold verstanden und wollte eigentlich diese Arbeit verstehen. Aber so kann es einem gehen in der Kunst und ich finde das gar nicht so schlecht. Das heißt, wir müssen aber fragen, noch einmal: welches Spiel spielen wir? Spielen wir unser Spiel? Spielen wir das, was das Programm vorsieht? Spielen wir die Ressourcen der KünstlerInnen aus? Spielen wir unsere eigenen Ressourcen aus? Und schlussendlich lässt sich wahrscheinlich diese Frage nicht beantworten.

Wir müssen uns einlassen auf diese willkürliche Unterwerfung einer Spielregel und einem Spielfeld gegenüber, müssen aber wissen um die Willkürlichkeit dessen. Wir müssen uns sozusagen der Notwendigkeit stellen, um diesen Akt der Freiheit, der im Spiel ja immer wieder besprochen worden ist, von Huizinga bis Schiller zurück, sozusagen diesem heiligen Ernst des Spieles zu stellen, müssen wir ihm, dem Spiel, uns unterwerfen. Das scheint gegen die Freiheit von uns als SpielerInnen zu stehen aber eigenartigerweise ist es anders. Wenn man den Titel dieser Arbeit noch einmal hernimmt, dann heißt das „Transformator“. Und komischerweise hab ich über die Reflexion dieser Arbeit eine andere Arbeit verstanden. Also hat eigentlich diese Arbeit ihre Aufgabe eines Transformators, eines Übersetzers erfüllt. Vielleicht gelingt es auch Ihnen, Übersetzungsleistungen in diesem Apparat, in dieser sozialen Maschine zu entwickeln. Das heißt, ich sagte zuerst, ich wollte den Transformator verstehen, und eigentlich kann ich ihn ja nur verstehen, wenn er mir etwas anderes zu verstehen gibt. Also versuchen Sie einfach nicht diese Arbeit hier zu verstehen, sondern sie arbeiten zu lassen. Das Spiel ist eine harte Arbeit, es ist viel härter als der tägliche Job und es ist aber um so lustvoller. Wenn wir dieses Spielfeld durchqueren, dann gibt es da draußen einen Balkon. Und wenn Sie da raus gehen, dann hören Sie vielleicht Applaus. Dieser Applaus gilt ihnen. Die Menge da draußen jubelt Ihnen zu. Glauben Sie ja nicht dass die jemand anderen zujubeln. Sie jubeln für Ihr Spiel und es ist fürchterlich kompliziert organisiert worden, dass Ihnen heute hier zugejubelt wird. Und das ist ein Transformator. Sich selbst den Applaus zuzuschreiben. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und das Spiel ist eröffnet.

 


Hubert Matt ist Künstler und Philosoph. Er lebt, lehrt und arbeitet in Vorarlberg, Österreich. Blog von Hubert Matt


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