Schattenfänger
Als technisches Medium ist die Fotografie dem menschlichen Auge überlegen,
nicht nur, weil sie kürzeste Augenblicke sichtbar machen, sondern auch
lange Zeiträume zu einem Bild kondensieren kann – Bilder die sich nur der
Wahrnehmung des Kamera-Auges bieten.
In seinem Werk beschäftigt sich Fritz Simak seit den frühen 1970er Jahren
mit Fotografien, die die technischen Möglichkeiten des Mediums ausloten,
mit dem Sichtbarmachen von Unsichtbarem, nicht Wahrnehmbarem oder
übersehenem.
Auch in seinen Schattenbildern ist es Fritz Simak um dieses Grund-Paradigma
der Fotografie getan. Das Spiel der nächtlichen Schatten auf der Mauer des
Schlosses Schönbrunn ist in mehrerer Hinsicht beachtenswert. Das Mauerstück
befindet sich nur 50 Meter rechts neben dem Haupteingang, an dem Jahr für
Jahr über 300.000 Touristen und Einheimische vorbeikommen ohne die
grafischen Formen zu bemerken. Die Fotografien sind analog mit den Lichtern
der Nacht entstanden, mit der Straßenbeleuchtung, den vorbeifahrenden Autos
und dem Mondlicht. Sie zeigen ein Abbild des flüchtigsten Dings — das gar
kein Abbild ist — dem Schatten. Sichtbar gemacht durch lange
Belichtungszeit und abgezogen als nicht manipulierte Gelatin silver prints.
Wie sich Licht und Schatten auf der fotografischen Emulsion abzeichnen,
zeichnen sich die Schatten auf der Mauer ab. Das eigentliche Objekt, ist im
Bild abwesend. Vereinzelt sind Ausschnitte der Bäume als materielle
Referenz sichtbar. Assoziationen zu Platons Höhlengleichnis, zu
Traumbildern, aber auch zu Werken der Subjektiven Fotografie der 1950er
Jahre tauchen auf und zeigen einmal mehr Simaks tiefe Verwurzelung in der
klassischen Fotografie und ihrer Geschichte.
(Gerald Piffl)