MALEREI ALS TEIL DER KULTUR

Die Lebenszeit Vermeers fällt in die Zeit der Ausbildung der frühneuzeitlichen Gesellschaft. Gerade in den Niederlanden entwickelt sich eine "bürgerlich" dominierte Ständegesellschaft. Dieser Gesellschaftsordnung entspricht eine Organisation des Handwerks in Zünften (Gilden). Innerhalb dieser kommt es zu einer zunehmenden Differenzierung der Positionen der einzelnen Mitglieder innerhalb der Hierarchie.

Diese fortschreitende Pluralisierung der Lebensformen und Interessen prägt sowohl die Organisation der Maler als auch die Käuferschichten der Bilder. Die theoretische Wertschätzung der Historienmalerei entsprach keineswegs mehr den Wünschen der bürgerlichen Auftraggeber und Käufer im protestantischen Norden der Niederlande.

Auf dem Kunstmarkt begannen das Landschaftsbild, das Stilleben, die Genremalerei und das Portrait diese zurückzudrängen, da jene Bilder den Repräsentationsansprüchen im Rahmen der sozialen Selbstdarstellung der Bürger mehr entsprachen. Die Maler reagierten auf diese Entwicklung und begannen sich zu spezialisieren.

Dass gerade Vermeer als ein Vertreter dieser Spezialisierung zum Vorstand der örtlichen Malergilde gewählt werden konnte, ist ein Zeichen für die Anerkennung dieser Bildthemen bzw. für die Durchsetzung dieser Ansprüche auf dem Kunstmarkt.