DER "KAMPFBUND FÜR DEUTSCHE KULTUR"

Die Eroberung der "Strasse"

Bereits 1920 war in Dresden die "Deutsche Kunstgesellschaft" gegründet worden, mit dem Ziel, die alten Schutz- und Kampfbünde zu gemeinsamen Aktionen gegen die "Verrottung der Kunst" und für eine "rein deutsche", dem "deutschen Wesen" entsprechende Kunst zusammenzufassen (Deutscher Kunstbericht 1927 - 33). Ab 1926 wurde diese Gesellschaft auch von öffentlicher Seite finanziell unterstützt. Sie gab die "Deutsche Kunstkorrespondenz" und später den "Deutschen Kunstbericht" heraus, deren Pressedienst an die 100 deutschen Zeitungen und Zeitschriften mit Kunstnachrichten versorgte, d. h. ein erstes propagandistisches Mittel darstellte.

1930 wurde schliesslich ein "Führer-Rat der Vereinigten Deutschen Kunst- und Kulturverbände" gegründet, dem bald an die 17 Organisationen mit etwa 25.000 Mitgliedern angehörten. Wichtige Mitarbeiter waren von Beginn an der Rasseforscher Hans Günther, Paul Schultze-Naumburg und Alfred Rosenberg, der 1928 die "Nationalsozialistische Gesellschaft für deutsche Kultur" gründete, welche 1929 in den "Kampfbund für deutsche Kultur" umgewandelt wurde; diesem Kampfbund trat wiederum die "Deutsche Kunstgesellschaft" bei.

Bücherverbrennung


Die organisatorisch und personell verflochtenen Bünde erreichten etwa 1930 bereits die Absetzung des Direktors der Zwickauer Museen, Hildebrand Gurlitt. Besonders der "Kampfbund" war mit zahlreichen Ortsgruppen paramilitärisch organisiert und Teil der seit 1933 öffentlich und offiziell einsetzenden Säuberungsaktionen deutscher Museen, der Organisation von Ausstellungen wie "Regierungskunst 1919 - 1933" in Karlsruhe, die quasi schon die grosse Ausstellung "Entartete Kunst" vorbereitete und in Teilen vorwegnahm. Die verschiedenen Kulturorganisationen, so auch der "Kampfbund", vereinigten seit den 20er Jahren völkisch-nationale "Kräfte", auch aus dem Umkreis verschiedener Akademien bildender Künste, d. h. prinzipiell anti- moderne, kleinbürgerliche Kreise des mittleren und unteren Beamtentums, die sich in ihrer kulturellen Identität als gesellschaftliche Klasse bedroht sahen.

Als Reaktion auf den eigenen Kulturverlust setzt eine umfassende bürgerliche Kritik an der Kultur der besitzenden Klassen ein, die als volksfremd, geniesserisch, luxuriös und elitär erklärt wird. Die Rückkehr zu Kunstidealen aus dem späten 19. Jahrhundert sollte vor allem einen Identifikationsrahmen aufrechterhalten, der allerdings längst auseinandergebrochen war: Die kulturelle "Revolution", die der "Kampfbund" und zahlreiche andere Vorgänger-Organisationen (etwa der "Dürerbund" oder der "Alldeutsche Verband") öffentlich inszenierten, erscheint auch unter dieser Perspektive als Restauration, der "Kampf um die Kunst" als ein Kampf vor allem gegen die Differenzierung der Gesellschaft.

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