Dieses Projekt geht auf einen 1990/91 (in Teilen) realisierten gleichnamigen Beitrag zum Jahresprogramm der Steirischen Kulturinitiative zurück, der sich, im Jahr 1944 ansetzend, vor allem auf die Bergungsaktionen der Führersammlung im Salzbergwerk Altaussee konzentrierte. Der Beitrag untersuchte anhand von ausgewählten Beispielen die verschiedenen Transaktionen, die sie schliesslich zu einem Teil der geplanten Führersammlung werden liessen. Anhand dieser niemals realisierten Sammlung wurden gleichzeitig soziopolitische und ökonomische Aspekte skizziert, denen Kunst ständig ausgesetzt ist.

Jetzt steht nicht mehr jener "Punkt Null" der Einlagerung von Kunst- und Kulturgütern in das Salzbergwerk Altaussee im Mittelpunkt, sondern das in Linz geplante Führermuseum bzw. der für die Errichtung dieser Sammlung eingesetzte Sonderauftrag Linz, der als kompliziertes machtpolitisches und logistisches Geflecht über Beschlagnahmungen und Ankäufe auf der Grundlage rigoroser Gesetzgebungen einen riesigen Bestand als Grundlage für das Museum zusammenstellen konnte.

Der Sonderauftrag Linz erscheint als ein zentrales Vollzugsorgan für den ideologischen Anspruch der nationalsozialistischen Kulturpolitik an (europäischer) Kultur. Diese offene Ideologisierung von Kunst erlaubt die Darstellung von Schnittstellen zwischen Poltik und Kunst, die Beschreibung von Mechanismen der Politisierung von Kultur und der Positionen von Kunst in der Bildung von normativen kulturellen Wertesystemen. Die Ungeheuerlichkeiten des nationalsozialistischen Systems haben lange einen analytischen Blick auf Kunst und Kultur dieser Zeit verhindert.

Was hier versucht wird, ist weder eine Einbettung jener Kunst in eine allgemeine Kunstgeschichte noch ihre neuerliche Ächtung. Es wird vor allem versucht, kulturelle Koordinaten ausfindig zu machen, die eine politisierte Ästhetik entwarfen: die verschiedenen Institutionen und Einrichtungen, die der Ausführung (nicht nur) des Sonderauftrages Linz dienten, stehen dabei im Mittelpunkt. Grundlage ihrer Arbeit war in jedem Fall der Entwurf einer - wenn auch ekklektizistischen und fragmentarischen - Kultur- und Kunsttheorie, die hier ebenfalls in Ansätzen nachgezeichnet wird. Das Führermuseum und das Projekt einer Kulturhauptstadt Linz, beide nicht realisiert, bildet quasi den Horizont, vor dem diese Überlegungen entwickelt werden.

Reinhard Braun & Robert Adrian, 1996

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