DAS "GENIE" MICHELANGELO |
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Als "begnadeter", allein seinem ästhetischen Ideal verpflichteter Künstler ist Michelangelo (bzw. die Rezeption seiner Persönlichkeit) Teil des Topos des neuzeitlichen Künstlerbildes bzw. des Geniebegriffs, wie er vor allem im Idealismus und der Romantik weiterentwickelt wird. Klassizistische wie akademische Strömungen lehnen seine Werke aufgrund dieser Fundierung der Kunst auf das Subjekt ab, anti-akademische orientieren sich hingegen gerade an diesem individuellen Modell der Kreativität. In unserem Zusammenhang ist es sicher interessant, dass Michelangelo oftmals als seiner Zeit enthobenes Genie interpretiert wurde, das sozusagen nur seinen eigenen Gesetzen verpflichtet ist - interessant insofern, als bestimmte Züge dieser idealisierenden Interpretation des Künstlers als quasi ahistorisches, eigengesetzliches bzw. allein höheren Gesetzen (dem Volk?) dienendes Subjekt Teil der Heroisierung und symbolischen Überhöhung der Kunst durch die Nationalsozialisten sind. Die Wendung Görings vom "Renaissancemenschen", Hitlers Diktum vom "Baumeister der Nation" gehen auch auf diesen geistesgeschichtlichen Traditionsstrang zurück. |