Die Statue der Maria mit dem Jesusknaben zeigt Maria sitzend, das linke Bein etwas erhöht aufgestellt, an das sich der Knabe, zwischen ihren Knien auf einem Teil des Mantels stehend, schmiegt.
Die Statuengruppe ist rundum ausgeführt, trotzdem aber auf einen Betrachterstandpunkt frontal zur Gruppe ausgerichtet.
Die Entstehung wird zwischen 1501 und 1506, die Zeit der Hochrenaissance, angenommen, wobei der Knabe als der spätere und entwickeltere Teil angesehen wird.
Die Madonna repräsentiert hier eigentlich den Typus der "Sibylle", der in der Renaissance mit dem der mittelalterlichen Madonna verschmolz. Die Stellung des Knaben zwischen den Knien der Madonna ist einzigartig, und geht wahrscheinlich auf den Platytera-Marientypus ab, bei dem Maria den Knaben von einer Mandorla umgeben vor der Brust hält. Faltenzüge umrahmen auch hier noch teilweise den Knaben.
Die Statue wurde in der Notre Dame-Kirche in Brügge in der "Langhe Moeder Gods"-Kapelle (gleichzeitig die Moscron-Kapelle) aufgestellt. Die starre, introspektive Haltung der Madonna, die wie der Knabe leicht zu Boden blickt, lassen den erhöhten Aufstellungsort sowie die "Funktion" der Statue als "Andachtsbild", d. h. zur religiösen Anbetung erkennen.
Diese geheiligte Funktion der Statue ist als Intention der Herstellung nicht nachweisbar (es handelt sich nicht um eine Auftragsarbeit) und auch nicht wahrscheinlich: sie ist als unabhängige Arbeit des Künstlers begonnen ein Beispiel für die Emanzipation des Künstlers aus den sozialen Gefügen sowohl der Zünfte als auch der (zumeist) adeligen Auftraggeber anzusehen, quasi als Dokument der Emanzipation künstlerischen Genius' aus den sozialen wie politischen Banden.
Durch ihre Aufstellung in der Kirche Notre Dame in Brügge wird sie aber wieder in einen religiösen Repräsentationszusammenhang rückgebunden, d. h. auch, in kulturelle Repräsentationszusammenhänge integriert, wo sie doch als Dokument der Befreiung aus diesen zu lesen ist. |