EIN GEFLECHT DER ANEIGNUNG ENTSTEHT

Adolf Hitler begutachtet Skulpturen
Alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem "Sonderauftrag Linz" sind geheim, erst 1943 wird in der von Heinrich Hoffmann herausgegebenen Monatsschrift "Kunst dem Volk" der Öffentlichkeit erstmals von der Neuen Gemäldegalerie in Linz berichtet.

Die Tätigkeit des "Sonderauftrages Linz" - als kompliziertes bürokratisches und logistisches Geflecht im Zusammenhang mit Sicherstellungen, Beschlagnahmungen, erzwungenen Verkäufen, Ankäufen auf dem Kunstmarkt, Widmungen - ist nur vor dem Hintergrund der zentralen Stellung der Kulturpolitik innerhalb der Ideologie des Nationalsozialismus verständlich.

Der "Sonderauftrag Linz" erhält seine besondere Bedeutung dadurch, dass er exemplarisch das Bestreben nach vollständiger Neuorganisation der kulturellen Landschaft Europas verdeutlicht, eine Neuorganisation, die die Vormachtstellung allein der nationalsozialistischen deutschen Kunst und Kultur bzw. deren vermeintlich neuen Ideale sicherstellen sollte.

Im Selbstverständnis der überlegenen Rasse Europas wurde auf nahezu alle Bereiche der Kultur- und Kunstgeschichte Europas Anspruch erhoben - und dies in einem durchaus buchstäblichen Sinn. Der "Sonderauftrag Linz" war ein Vollzugsorgan im Rahmen dieses Anspruchs, die wertvollsten kulturellen Objekte tatsächlich zu besitzen: zahllose Gegenstände des Kunsthandwerks, der Schmuckkunst, Möbel, Rüstungen, Münzen, Porzellan, ganze Zimmereinrichtungen, Skulpturen und Tausende von Bildern wurden nach Deutschland transportiert, klassifiziert, nach ihrer Verwendung geordnet und einstweilen gelagert.

Die für das Linzer "Führermuseum" bestimmten Kunstgegenstände wurden nur zu Auswahlzwecken kurzfristig aufgestellt und waren sonst in verschiedenen Lagerräumen untergebracht - eine exemplarisch den Anspruch auf die kulturelle Vormachtstellung der Nationalsozialisten in Europa symbolisierende Sammlung blieb somit doch nur ein imaginäres Museum.

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