DAS NETZWERK ARBEITET Beschlagnahme der Kunstsammlung von Eduard v. Rothschild in Ferrière, 1940 |
Als Hans Posse im Juni 1939 zum "Sonderbeauftragten des Führers" ernannt wird, besteht in Österreich noch keine gesetzliche Grundlage für die Verwendung beschlagnahmter Kunstgegenstände. Im November 1939 wird eine Verfügung erlassen, die diese Vermögenswerte dem Land Österreich zuerkennt. Ähnliche Erlässe werden für alle besetzten Gebiete Europas verfügt. Doch schon bald darauf behält sich Hitler mittels des "Führervorbehalts" die letzte Entscheidung vor. Die Beschlagnahmungen betreffen vor allem jüdischen Kunstbesitz, allen voran die Sammlungen der Rothschilds in Paris und Wien, die Sammlungen Guttmann, Thorsch und Goldmann, Bondy, David Weil, Alphonse Kann, Levy-Benzion und Seligmann. Die Sammlungen Alphonse Schloss und Fritz Mannheimer werden unter erprsserischen Umständen erworben. Soweit sie Posse zugänglich gemacht werden, entscheidet er noch vor Ort über jene Werke, die für das Führermuseum in Betracht kommen; zu diesem Zweck besucht er bald nach dem Einmarsch in Polen Krakau, reist aber auch nach Belgien, Holland und Italien. Die ausgewählten Werke werden dann in Kisten verpackt, mit der Aufschrift "A. H." nach München in den Keller des Führerbaues gebracht und hier von Hans Reger inventarisiert, katalogisiert und anschliessend regelmässig Hitler zur Ansicht vorgelegt. Zahlreiche Händler werden in ganz Europa beauftragt, Kontakte herzustellen, zu vermitteln oder die Objekte im Auftrag zu erwerben. Zahlreiche offizielle Dienststellen werden eingeschaltet, um die Sammlungen oder einzelne Objekte daraus zugänglich zu machen bzw. für das Führermuseum zu sichern und andere Interessenten auszuschalten und auch gegebenenfalls den Transport sicherzustellen. Mit äusserster Konsequenz und Systematik werden der Kunstmarkt, der zum Teil erst durch die Kriegsaktivitäten in dieser Form entstand ist, sowie grosse Sammlungen und Museen nach Werken abgesucht, die für eine Verwendung im Rahmen des Führermuseums in Betracht kommen. Obwohl dem "Führer" in jedem Fall die erste Wahl aus den angeeigneten Beständen zukommt, muss sich der "Sonderauftrag" oftmals gegen Organisationen, die mit Beschlagnahme und Sicherstellung betraut sind, wie etwa der ERR, die "Dienststelle Mühlmann", die GESTAPO, das Devisenschutzkommando, oder auch gegen die Interessen des Reichmarschalls Göring durchsetzen. |